Carl Fechner will mit Klimaretter-Film die Massen mobilisieren

Einseitig ist der Film „Die 4. Revolution“, sagt selbst Regisseur Carl Fechner – das sei ein Experiment. Das Planie-Kino war am 3. April 2010 ausverkauft, die Diskussion danach gut besucht.

Reutlingen. Gefühle soll der Film „Die 4. Revolution“ von Carl Fechner ansprechen. Nach Al Gores Klimakatastrophen-Kassenschlager von 2006 will Fechner nicht zeigen, wie schlimm alles ist, sondern wohin es gehen könnte. „Der Film hat den Anspruch eine Inspiration zu sein“, sagt der Regisseur selbstbewusst. Er arbeitete dabei vor allem mit eindrucksvollen Bildern. Im Reutlinger Planie-Kino, präsentierte der 56-Jährige den Streifen gestern 200 Besuchern. Einige Interessierte mussten wieder abziehen, weil alle Plätze belegt waren. Carl Fechner zeigt im Film verschiedene Projekte, die beweisen wie umweltfreundlich Energie – vorwiegend per Sonne – gewonnen werden kann.

Wie in Reutlingen bis 2030 nur noch erneuerbare Energien verwendet werden könnten, war nach der hiesigen Premiere Thema einer Gesprächsrunde mit Carl Fechner, der Grünen-Bundestagsabgeordneten Beate Müller-Gemmeke, Helmut Treutlein (SPD-Fraktionschef im Gemeinderat) und Jürgen Schipek (Klimaschutzagentur Reutlingen). Solche Veranstaltungen gehören zum Konzept der Vermarktung. Für die Reutlingen Veranstaltung rührte Friedrich Hagemeister vom Verein Sonnenenergie Neckar-Alb die Werbetrommel.

Für seine Vorzeige-Projekte besuchte Fechner mit seinem Team eine riesige Solaranlage in Spanien, filmte, was Mikrokredite bei kleinen Solaranlagenbetreibern in Bangladesh bewirken, und begleitete die Sanierung eines 15-Parteien-Hauses im hessischen Pfungstadt. Letzteres ist Fechners Alltagsbeispiel, das durch seine Einfachheit überzeugen soll. Wegen der fehlenden Bildwirkung sei es fast rausgeflogen, erzählt er. Trotzdem konnte der Film das Interesse von Michael Moore , dem amerikanischen Polit-Aktivisten und Dokumentarfilmer, wecken. Der will den Streifen bei einem Festival zeigen.

Durch den Film führt der SPD-Bundestagsabgeordnete und Solar-Guru Hermann Scheer. Er war es auch, der Fechner in einem zweistündigen Telefonat überzeugte, sich des Themas anzunehmen. „Das war das wohl längste Gespräch meines Lebens“, sagt Fechner. Der Filmemacher befasst sich journalistisch schon seit 20 Jahren mit dem Thema Energie. Das Filmprojekt war mit 1,5 Millionen Euro sein bislang größtes. Das Geld dafür kam von Privatleuten und Institutionen. Zu den Sponsoren gehört etwa die Waldenbucher Schokolade-Fabrik von Alfred Ritter.

Kritiker bemängeln, der Film sei einseitig. Nur einmal kommt jemand zu Wort, der die Geschwindigkeit der Sonnen-Revolution für nicht umsetzbar hält – ein Öl-Ökonom. Fechner betont, dass die Begegnung in Natur so wenig überzeugend war, wie sie im Kino rüberkommt.

Was soll der umgekrempelte Kinogänger tun, wenn der Film zu Ende ist? „Mit wachem Verstand durch das Haus gehen und schauen, was unnötig Energie verbraucht“, rät Fechner. Ja, so klein fange die Revolution an. Stimmt, bei der industriellen, der agrarwirtschaftlichen und der digitalen Revolution ging es auch nicht von heute auf morgen. Fechners Ratschläge sind vielfältig. Diesmal sei die innere Überzeugung sei der Schlüssel zum Erfolg: „Wenn alle aufstehen und sagen, das geht so nicht, tut sich was.“

Bei der anschließenden Gesprächsrunde in der Planie 22 mussten die etwa 150 Zuhörer teils in die unbequeme Realität zurückkehren. „Wie überzeuge ich eine Eigentümergemeinschaft, das Haus zu sanieren?“, wollte eine Besucherin bei der abschließenden Fragerunde wissen. Eine Lösung konnte ihr niemand präsentieren. Einzig moderierend könne die Klimaschutzagentur in Erscheinung treten, so Jürgen Schipek. Bei den meisten regionalen Ansätzen zur Energiewende landeten die Diskussionen schnell bei der großen Politik in Berlin.

Aber es gab Hoffnungsschimmer: Die Abgeordnete Beate Müller-Gemmeke lobte Elektofahrräder als zukunftsträchtig und erhofft sich, dass die Automobilbranche auch bald in die Puschen kommt. Gemeinderat Helmut Treutlein freute sich, dass der Gemeinderat nur die Straßenbeleuchtung Reutlingens auf Mixstrom umstellt – und nicht gleich den ganzen Energiebedarf der Verwaltung.

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