Die Angst des Elektronauten vor der Heimfahrt – Twizy-Tagebuch Tag 2

Der Witterungsschutz im Twizy ist gut, die Sicht eher schlecht. Der Scheibenwischer ist zu zaghaft.

Der Witterungsschutz im Twizy ist gut, die Sicht eher schlecht. Der Scheibenwischer ist zu zaghaft.

Wie schnell fährt er? Bist du heute nicht nass geworden? Wo lässt er sich aufladen? Wie weit kommst du? Die verschiedenen Fragen zum Twizy kann man an einer Hand abzählen, die Anzahl der heute notwendigen Antworten allerdings nicht. Jede und jeder will wissen, was das für ein Gefährt ist, dieser Renault Twizy. Meine Gedanken kreisen allerdings den ganzen Tag nur um die Heimfahrt.

Bis zu hundert Kilometer Reichweite verspricht Renault. Beim Kopfrechnen bleibt bei knapp 60 Kilometern täglicher Pendlerstrecke ein solider Puffer übrig. Die Fahrt am Vorabend hatte aber schon gezeigt, dass man auf keinen Fall mit der theoretischen Reichweite kalkulieren sollte. Deshalb habe ich es auf der Hinfahrt schon etwas langsamer angehen lassen. Auch wenn der Elektromotor mit 18 PS kein Kraftprotz ist, muss man nicht immer mit Vollgas fahren.

Für die Rückfahrt war noch deutlich mehr als die Hälfte der Akkus voll. Das sollte reichen. Eine genaue Anzeige gibt es leider nicht. Allerdings strapazieren auf der Rückfahrt ordentliche Steigungen die Batterien. Um es kurz zu machen: Der Twizy tankt mittlerweile in der heimischen Garage. 19 Prozent der Energie waren noch verfügbar – das ist nicht gerade viel. Nach eigenen Angaben hätte er noch zehn Kilometer geschafft. Damit drohte zwar kein Zwischenstopp, kurz vor dem Ziel ging der Blick aber oft zur Anzeige des Akkustandes und blieb nicht auf die Straße.

Auf beiden Fahrten bin ich im dichten Berufsverkehr mitgeschwommen und habe mich mit der langsameren Spur begnügt. Vor roten Ampeln habe ich sehr früh das Gas weggenommen. Auch beim Beschleunigen ließ ich mich öfters zurückfallen. Einen Spritsparkurs für Anfänger hätte ich so wohl bestanden. Wenn es mit laut Tacho 84 Stundenkilometern über die Bundes- oder Landstraßen geht, regelt der Twizy automatisch ab. Offiziell schafft er 80 Sachen. Alleine der gefühlten Sicherheit wegen will ich die dann auch ausfahren. Fährt man langsamer, wird man riskant überholt.

46 Kilometer erwartete Reichweite sollten für eine Strecke von 30 gut reichen. Trotzdem bleibt ein ungutes Gefühl: Auf der Strecke geht es viel bergauf.

46 Kilometer erwartete Reichweite sollten für eine Strecke von 30 gut reichen. Trotzdem bleibt ein ungutes Gefühl: Auf der Strecke geht es viel bergauf.

Wie sehr man sich auf die Kilometer-Angaben verlassen kann, kann ich erst bewerten, wenn der Twizy auf hiesigen Straßen mindestens 150 Kilometer abgespult hat. Denn über den Mittelwert des Stromverbrauchs auf dieser Strecke soll laut Handbuch die Reichweite kalkuliert werden.

Ob der Twizy auch bei Regen taugt, was heute auch die meist gestellte Frage war, hat er gleich am ersten Tag beweisen müssen. Und er hat es gut gemacht. Zwar fühlt man sich in der feuchten Luft  etwas klamm, aber richtig nass wird man nicht. Feinste Tropfen gelangen bei längeren Regenfahrten ins Innere, aber man fühlt sie nur und sieht sie nicht. Am Ziel ist man trocken. Ohne Türen, das sollte aber klar sein, taugt der Twizy überhaupt nicht für Regen. Die Flügeltüren sind innen am Ende der Fahrt auch feucht, weil an der Ampel Wasser vom Dach tropft. Weniger gemütlich dürfte es auf dem Rücksitz zugehen. Das dort abgelegte Sakko hatte am Ziel einige Wasserflecken.

Die größte Schwäche des Elektroknirpses ist aber nicht der Schutz der Insassen vor Wasser, sondern die Aussicht aus dem kleinen Cockpit. Der winzige Scheibenwischer hält nur einen sehr kleinen Bereich frei und wischt so langsam, dass man ihm manchmal auf die Sprünge helfen will. Nach vorne kommen würde man… Wer sich im Winter an einem Auto eine so kleine Fläche freikratzen würde, dürfte Ärger bekommen.

Die schlechte Sicht bei Regen führte heute zu einer Vollbremsung vor einem Zebrastreifen. Der kräftige Tritt aufs Bremspedal führte auf nasser Straße zu einer Rutschpartie. Die Reifen blockieren sehr schnell. Erster Wunsch: ABS an Bord! Auch günstige Kleinwagen haben den Blockierverhinderer meist serienmäßig. Fußgängerin und Twizy ist aber zum Glück nichts passiert. Dass der Winter-Test nicht geklappt hatte, dürfte aber wohl besser gewesen sein. Immerhin hat das Auto eine Heizung für die Frontscheibe. Da die bei Regen schnell beschlägt, ist sie unverzichtbar. Und Energie sparen sollte man bei dieser Funktion auch nicht.

Abbestellen kann man allerdings die Einparkhilfe, die im Technic-Modell serienmäßig ist. Sie piepst schon bei sehr großem Abstand und legt mit einem fiesen Dauerton los, wenn das Hindernis noch weit weg ist. Den Knopf zum Abschalten habe ich noch nicht gefunden. Die lautlose Fahrt in die Garage hätte die grillenden Nachbarn im Vergleich zum Diesel freuen können – wäre das nicht das Piep-Orchester gewesen.

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