Wechselkennzeichen: Warum kann Deutschland das nicht?

Das Wechselkennzeichen hätte die Etablierung von Elektroautos unterstützen können. Wenn Deutschland so gut gewesen wäre, wie Österreich oder die Schweiz. © Florentine / pixelio.de

Das Wechselkennzeichen hätte die Etablierung von Elektroautos unterstützen können. Wenn Deutschland so gut gewesen wäre, wie Österreich oder die Schweiz. © Florentine / pixelio.de

In Österreich funktioniert es. In der Schweiz funktioniert es auch. Dort gibt es Wechselkennzeichen. Und zwar so, dass sie Sinn machen. Zwei Autos sind parallel zugelassen, es darf aber immer nur eines bewegt werden. Steuern und Versicherung sind prinzipiell nur einmal zu bezahlen – abgesehen von der Teilkasko (Versicherung gegen Hagel und Co.). Zu zahlen ist für das jeweils teurere Auto in Versicherung und Steuer.

Machen wir es plastisch: Als Pendlerfahrzeug kaufe ich mir als Schweizer einen kleinen Smart Diesel und lege damit meine täglichen Strecken mit minimalem Verbrauch zurück, spare zudem noch Parkraum und Platz auf der Straße. Weil ich aber auf dem Land wohne, begeisterter Baumarkt-Besucher bin und noch eine Urlaubskutsche für drei Wochen im Jahr in der Ferienwohnung brauche, lege ich mir einen günstigen Kombi mit Anhängerkupplung zu. Das ist ein Benziner, der relativ gesehen unglaublich viel Sprit schluckt, manchmal aber praktisch ist. Ich bezahle dafür z. B. die Versicherung für den Smart, weil der häufiger in Unfälle verwickelt ist und die Steuer für den hubraumstarken Spritschlucker.

Wenn ich nach einer Woche Smart-Pendelei am Wochenende in den Baumarkt muss, mache ich einen Teil des Kennzeichens vom Smart an den Spritschlucker-Kombi und kann damit fahren. Als Autobesitzer muss man mit einem Wechselkennzeichen nicht immer den Spagat zwischen Nutzauto und Pendlerfahrzeug schaffen. Also meist möglichst groß bei überschaubarem Verbrauch.

Der Smart Diesel könnte auch ein Elektroauto sein – in nicht allzu ferner Zukunft. Immer dann, wenn mein Elektroauto an die Grenzen stößt, könnte ich das andere Fahrzeug nehmen. Das würde gegen die Reichweitenangst der Deutschen wahrscheinlich genauso gut helfen, wie der Hilfsmotor im Opel Ampera.

Würde, könnte, hätte. Ja, das wird alles nichts. Zwar hat Peter Ramsauer dafür gesorgt, dass es in Deutschland ein Wechselkennzeichen geben wird – allerdings nicht so praxistauglich wie in Österreich oder der Schweiz. Denn auf die Kfz-Steuer will Wolfgang Schäuble bei Zweitwagen nicht verzichten. Und bei den Versicherungen klingt nicht durch, dass die großes Interesse hätten, ihre Kunden mit großen Nachlässen zu belohnen. Über Details wie das Parken im öffentlichen Raum hätte man sicher diskutieren können – aber so wird es nichts.

Das heißt ich zahle in Deutschland mit dem Wechselkennzeichen für beide Fahrzeuge Steuer, für beide Autos oder Motorräder die Versicherung und kann zur Belohnung immer nur mit einem davon fahren. Das wird nicht funktionieren. Nicht in Deutschland. Nicht so. Hätte Ramsauer nur mal bei den deutschsprachigen Nachbarn geschaut, was Sinn macht und ankommt. Dann hätte das mit dem Wechselkennzeichen auch hier geklappt.

Ein Wort noch zum Ressourcen-Aufwand der bei der Produktion entsteht: Der spritschluckende Großwagen ist idealerweise ein älterer Gebrauchter, bei dem es besser ist, wenn er nicht mehr zehntausende Kilometer im Jahr bewegt wird.

Nachtrag

@jonasrauber beklagt zu Recht, dass die Variante für Wechselkennzeichen aus Schweiz und Österreich den klassischen Zweitwagen auch bevorteilt. Natürlich sollte es für den Geländewagenfahrer nicht besonders reizvoll sein, sich eine Porsche für’s Wochenende hinzustellen.

Für den klassischen Porschefahrer spielen Steuer und Versicherung des Zweitwagens sicher keine besonders schwerwiegende Rolle. Dass hier aber auch die Kategorie Spritschlucker subventioniert werden würde, ist nicht gut. @jonasrauber schlägt vor, die Befreiung an den Spritverbrauch zu koppeln – keine schlechte Idee. Krankt aber in der Praxis daran, dass der Kleinstwagen für die Pendelei und der Familienkombi fürs Wochenende auch rausfallen würden – auf dem Papier verbrauchen die modernen Spritschlucker nicht mehr als die etwas betagte Familienkutsche. Ein kleines Dilemma. Ich würde lieber ein paar Porschefahrer subventionieren, als viele Familienpendler auszunehmen.

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