Nokia 700 im Test: Unaufgeregter Umweltschutz im Kleinen

Foto: Nokia

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Neuware aus recyceltem Material – was als leiser Trend begann und mit Taschen aus Lasterplanen seinen modischen Höhepunkt gefunden hat, gibt es mittlerweile in vielen Produktsparten. Zum Beispiel bei Handys. Mit gutem Beispiel geht Nokia voran. Gleich mehrere Modelle werden zumindest zum Teil aus recycelten Stoffen hergestellt wird. Ökoalltag hat sich eines dieser Handys, das Nokia 700, genauer angeschaut und ausführlich getestet. Bis auf eine kleine Macke, so viel sei verraten, kann das Ökohandy mit konventionellen Mobiltelefonen mithalten.

Nicht erst seit Greenpeace aufgezeigt hat, wie manche Konzerne ihren Strom produzieren, kann auch bei der Entscheidung für elektronische Produkte das Öko-Gewissen eine Rolle spielen. Dass Abfall heute auch in hochwertigen Produkten wiederverwertet werden kann, hat unser Test des AEG Ultra Silencer Öko gezeigt.

Positiv beim Nokia fällt auf, dass vom Unternehmen gar kein großes Aufheben um die Ökotalente des Telefons gemacht wird. Es gibt eine Internetseite, auf der verraten wird, wie nachhaltig die Telefone des finnischen Herstellers sind – das war es aber auch schon. Dem Kenner fällt dagegen recht schnell auf, dass die Verpackung mangels Hochglanzversiegelung aus Plastik auch schon recht ökologisch ist.

Die wichtigsten Daten (Herstellerangaben)

96 Gramm Gewicht mit Akku
Maximale Sprecherzeit bei UMTS/3G 5,6 Stunden
Stand-by-Zeit UMTS/3G 450 Stunden (=18,75 Tage)
3,2 Zoll Display mit 640 mal 360 Pixeln (AMOLED)
Länge; Breite; Höhe: 110; 50,7; 9,7 Millimeter

Was ist ökologisch am Nokia 700?

Foto: Nokia

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39 Prozent des Telefons bestehen aus Metallen, schreibt Nokia.Immerhin knapp die Hälfte davon (18 Prozent) wurde wiederaufbereitet. 23 Prozent des Telefons bestehen aus normalem Plastik, 11 Prozent bezeichnet Nokia als „eco plastics“, also Ökoplastik. Solche vermeintlich kleinen Summen können in der Ökobilanz einiges ausmachen.

Nokia hat errechnet, dass beim Nokia 700 58 Prozent der während der ganzen Lebenszeit einschließlich Recycling produzierten Treibhausgase durch die Förderung der Rohstoffe und Herstellung der Einzelteile entstehen. Beim 700 kommen über den ganzen Lebenszyklus neun Kilogramm CO2 zusammen.

Das ist vergleichsweise wenig – bei einem etwas größeren Telefon von Nokia (Lumia 610C) kommen 16 Kilogramm zusammen. Zum Vergleich: Mit einem Spritsparroller könnte man dafür gerade mal 160 Kilometer (Nokia 700) fahren.

An anderer Stelle hilft eine nachhaltige Produktion aber auch der Firmenkasse. Dass keine Handbücher gedruckt werden, spart Geld. Das Handbuch wird stattdessen einfach im Telefon platziert – so hat man es auch immer dabei. Hier profitieren Nutzer und Hersteller.

Dass auf der Oberfläche des Telefons kein PVC und kein Nickel zu finden sein sollen, dürfte Allergikern gelegen kommen. Auch sonst soll es recht schadstoffarm sein.

Äußerlichkeiten

Das Telefon liegt angenehm in der Hand, weil der Akku und damit das meiste Gewicht im unteren Teil steckt. Es lässt sich so bequem in einer Hand balancieren und zugleich bedienen. In der Menü-Taste ist eine LED, die auf verpasste Anrufe oder Nachrichten aufmerksam macht – das ist ungewöhnlich für Geräte für Privatanwender. Die Sperrtaste ist an der Seite der Telefons und wird nur langsam zum intuitiven Handgriff.

Die Rückseite ist angenehm glatt – der Rest der Optik ist auf den Bildern zu sehen. Nokia hat Ökoalltag ein Modell in anthrazit geliefert. Das wirkt recht elegant. Wie gut das Gorilla-Glas das Telefon schützt haben wir nicht getestet – es war ja nur ein Leihgerät.

Das Telefon wirkt sehr solide und hochwertig (Glasfront, Metallrücken) und ist gut verarbeitet. Mit den an für sich sehr umfangreichen Optionen des Systems sollte man zufrieden sein – die App-Auswahl im Nokia-Store ovi ist nach wie vor sehr überschaubar.

Handhabung des Systems

Foto: Nokia

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Egal ob ein neuer 700-Nutzer von iOs oder von Android kommt, an das Nokia-System hat man sich recht schnell gewöhnt. Ein paar wenige Kleinigkeiten kann Nokia besser als die Konkurrenz – zum Beispiel eine SMS mit festem Text zu schicken, wenn man einen Anruf ablehnen muss. Die Grundfunktionen sind durchdacht und stellen einen nur selten vor Rätsel. Wenn man aber zum Beispiel einen Termin per E-Mail bekommt, macht das bei Nokia mehr Arbeit als bei Apple, Samsung oder Blackberry. Erst durch die Nutzungsgewohnheiten entscheidet sich, ob man mit Nokias Betriebssystem zufrieden ist.

Telefonieren und Akkulaufzeit

Das Handy funktioniert vor allem in seiner Kernkompetenz am besten – telefonieren. Mangels guter Tastatur greift man auf diese Funktion von sich aus viel lieber zurück, als auf Kurznachrichten. Der Näherungssensor erkennt gut, wenn das Handy zum Ohr geht. Ob es ein Querformat für die Telefonfunktion braucht, darf angezweifelt werden. Vom Lautsprecher sollte man die Finger lassen. Das Gegenüber ist nur leise, dröhnend und undeutlich zu verstehen. Der Gesprächspartner klagt auch, einen kaum noch zu hören– und das bei relativ ruhiger Umgebung. Die Rauschunterdrückung durch ein zweites Mikrofon auf der Rückseite funktioniert nur mit Handy am Ohr – dann aber ganz ordentlich.

Mangels Labor konnte Ökoalltag beim Akku nur Praxiswerte ermitteln, die sind aber für die Größe und das Gewicht des Telefons solide. Ohne den Akku mit den ersten Ladungen trainiert zu haben, hielt das Handy nach der ersten Ladung etwa 30 Stunden durch. In dieser Zeit wurde fleißig telefoniert, geschrieben und eingerichtet. Einen Tag lang hält es auch bei intensiver Beanspruchung durch. Wer es nur hin und wieder benutzt, aber die Mails dauerhaft synchronisiert haben will, dürfte zwei bis drei Tage lang klar kommen, wenn er nicht stundenlang telefoniert.

E-Mail, soziale Netzwerke und SMS

Dank Internetflatrate für E-Mails, Facebook und Twitter ist Text auf Handys sehr viel häufiger geworden. Dass man sich dafür nicht mehr mit T9 behelfen muss, ist sehr bequem. Während richtige Tastaturen Blackberry und ein paar Ausnahmemodellen vorbehalten bleiben, gleicht man den geringeren Komfort bei Bildschirmtastaturen mit einem Wechsel von Hoch- ins Querformat aus. Diese Möglichkeit sollte man auch beim Nokia 700 regelmäßig benutzen. Im Hochformat ist die Tastatur viel zu schmal.

Foto: Nokia

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Nach der Einrichtung war die Worterkennung zuerst abgeschaltet – so kam kaum ein vernünftiges Wort zu Stande. Wenn die Korrektur an ist, kommt man klar, muss aber eine ruhige Hand haben und sich auf den Text konzentrieren. Kippt man das Telefon und lässt die Tastatur schnell ins Querformat springen, tippt es sich sehr viel besser. Weil es einfacher ist, ruft man mit dem Nokia 700 dann doch lieber an. Wer oft nicht mehr als ein ja zurückschreibt, kommt wohl halbwegs klar.

Dank Widget in der Startansicht ist die E-Mail-Integration ganz gut gelungen. Das war aber auch schon bei älteren und einfacheren Nokia-Modellen schon ganz ordentlich gelöst worden. Nachrichten mit der Rufannahmetaste senden zu können sind kleine Tricks, die zeigen, dass Nokia den Anschluss nicht ganz verpasst hat. Anhänge wie PDF-Dateien lassen sich öffnen, größere Dateien aber nicht mehr besonders schnell.

Informationen aus Twitter und Facebook laufen auf Wunsch in einer Anwendung zusammen. So behält man den Überblick, sieht aber auch vieles doppelt. Die Netzwerke können aber auch getrennt betrachtet werden. Das funktioniert ganz gut – es gibt aber bessere Umsetzungen (Apple) und bessere Systemintegrationen (Blackberry) für Facebook und Twitter.

Internet und Kamera

Wenn man sich vorwiegend auf Mobilseiten beschränkt, genügt die Displayauflösung von 640×360 Pixeln. Die schlanke Form ist allerdings wie bei der Tastaturgröße nicht besonders vorteilhaft. Zum Surfen auch auf größeren Webseiten genügt die Geschwindigkeit des 1 Gigahertz schnellen Prozessors vollkommen. Teils scrollt das Nokia sogar ein bisschen übermotiviert, also zu schnell.

Fotos aus der Kamera wollen trotz der fünf Megapixel Auflösung nicht überzeugen. Die Fotos sind schnell gemacht und die Kamera lässt sich ruckelfrei bedienen, aber mit helleren Stellen in Bildern hat das Telefon Probleme. Das kann an der Optik oder am Dynamikumfang liegen. Nahaufnahmen gelingen wegen der feste Fokuseinstellung überhaupt nicht. Auch bei Landschaftsaufnahmen ist nicht alles scharf. Die Kamera enttäuscht in der Summe.

NFC-Technik

Was fängt man mit einer Technik an, die man im Alltag nicht nutzen kann? Das Nokia 700 hat einen NFC-Chip an Bord. NFC steht für „Near Field Communication“, also Datenaustausch auf kurze Entfernungen – es geht etwa in die Richtung eines QR-Codes. Ein Plakat zum Testen lieferte Nokia netterweise gleich mit. So können zum Beispiel einfach Kontakte im Handy eingespeichert werden. Das macht Lust auf mehr. Und so lange es keine Handys mit der Funktechnik an Bord gibt, wird sich auf dem Markt auch nichts dafür finden. Irgendjemand muss ja den Anfang machen.

Fazit

Vergleicht man die CO2-Menge, die während Produktion und Lebenszeit des Nokia 700 aufgestoßen wird (neun Kilogramm), mit einer Autofahrt und bedenkt die Haltbarkeit eines Handys, glaubt man schnell, man könnte sich ökologische Bemühungen hier sparen. Aber Nokia wirbt auch gar nicht groß damit, sondern verkauft es einfach. Das ist sympathisch. Man kann nur hoffen, dass andere Hersteller hier nachziehen.

Das Nokia 700 ist für seine Größe und sein Gewicht überraschend leistungsfähig. Der Preis liegt aktuell bei etwas unter 200 Euro und ist damit angemessen. Wenn die Tastatur besser bedienbar wäre, gäbe es von Ökoalltag eine klar Kaufempfehlung. So führt an einem Test im Laden kein Weg vorbei.

Es gibt aber auch bei der Ökobilanz des Nokia noch Kleinigkeiten zu verbessern. Das Datenkabel und das Ladekabel könnten identisch sein, wie etwa beim iPhone – Nokia liefert zwei Kabel. Die Austausch-Variante spart wieder ein kleines bisschen Material. Denn besser als recyceltes Plastik ist gar kein Plastik.

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