Warum sich Warmedämmung doch lohnt, liebe Welt

Laut Welt lohnt sich eine Wärmedämmung nicht - der Autor hat dabei aber den Wertzuwachs des Gebäudes vergessen. Foto: Lupo  / pixelio.de

Laut Welt lohnt sich eine Wärmedämmung nicht – der Autor hat dabei aber den Wertzuwachs des Gebäudes vergessen. Foto: Lupo / pixelio.de

Teile der Ergebnisse einer Prognos-Studie im Auftrag der KfW-Bank über Wärmedämmung sind am heutigen Samstag von der Welt mit der Überschrift „Die große Lüge von der Wärmedämmung“ veröffentlicht worden und haben für großes Aufsehen gesorgt. Zugespitzt heißt es heute allerorten: Wärmedämmung ist Geldverschwendung. Die Zusammenfassung der Welt gibt es hier zu lesen.

Die zentralen Aussagen

Die Untersuchung kommt nämlich zu einem ernüchternden Ergebnis: Energetische Sanierungen verschlingen mehr Geld, als durch sie eingespart wird.

Die Investitionen ließen sich „nicht allein aus den eingesparten Energiekosten finanzieren“, schreibt die KfW.

Um die Energieeinsparziele [Anm. der Bundesregierung] zu erreichen, sind der Studie zufolge bis zum Jahr 2050 „wohnungswirtschaftliche Investitionen“ über insgesamt 838 Milliarden Euro nötig. Dadurch könnten jedoch nur „Energiekosten von 370 Milliarden Euro eingespart werden“, haben die Prognos-Forscher errechnet.

Die Prognos-Studie ist jetzt das erste Rechenwerk. Und sein Ergebnis ist für die Politik katastrophal.

Jetzt könnte ich das Blog hier dichtmachen und es gut sein lassen mit der Weltretterei. Wer hat denn Lust auf Klimaschutz, wenn es so teuer wird? Meistens sind Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit Hand in Hand gegangen, hieß es zumindest.

Bei Investitionen von 838 Milliarden Euro bleiben nur Einsparungen von 370 Milliarden Euro, glaubt die Welt. Von einem „brisanten Papier“ schreibt Richard Haimann. Naja, er hat einen brisanten Samstagsaufmacher gebastelt, der Herr Haimann. Die Welt ist oft zitiert worden, das gefällt Redaktionen. Wenn das Papier so brisant wäre, wie Haimann glaubt, würde es wohl das schnelle Ende einer Branche bedeuten und hätte sicher größere Auswirkungen. Es wird aber wie der Welt-Artikel in der Bedeutungslosigkeit versinken. Nach den Osterferien ist die Geschichte erledigt. Nur etliche Sanierer dürften verunsichert worden sein.

Wir haben uns die Studie mal angeschaut. Und natürlich einiges entdeckt, was dort fehlt. Und noch mehr, was im Artikel der Welt fehlt. Stellen wir uns zum Beispiel mal vor, wir haben ein altes Auto, das an für sich noch ok ist. Nur der Motor müsste mal wieder gewartet werden – ob er es danach noch lange macht, wissen wir nicht. Weil es an der Zeit für eine aufwendige Motor Wartung ist, überlegen wir uns, ob wir einen neuen Motor einbauen. Der ist leiser als der alte und verbraucht gleichzeitig weniger. Dieses Bild will ich mal parallel nutzen.

Nicht alle Kosten gehören zur Sanierung

Wenn wir sowieso einen Ölwechsel machen müssten, den Zahnriemen wechseln und ein paar andere Kleinigkeiten am Motor auf der To-Do-Liste stehen und wir den Zeitpunkt des Motortausches entsprechend wählen, darf man nicht alle Kosten des Werkstattaufenthalts alleine dem Projekt Motortausch zuschlagen. Andere Kosten wären auch angefallen.

So lässt man seine Fassade zum Beispiel auch dann dämmen, wenn sie sowieso gestrichen werden muss. Auch hier wäre ein Teil der Kosten angefallen, wenn es keine Dämmung gegeben hätte. Im Gutachten unterscheidet Prognos auch entsprechend zwischen „Vollkosten“ für Wärmedämmung und „energiebedingte Mehrkosten“.

Bitte den Mehrwert nicht vergessen

Liebe Welt, die KfW hatte in ihrer Pressemitteilung sogar extra darauf aufmerksam gemacht, bei euch liest man keine Silbe davon – obwohl ihr aus dem gleichen Absatz zitiert. Und das ist der wesentlichste Punkt in Sachen Wirtschaftlichkeit.

Wenn das Auto einen neuen Motor hat, ist uns sofort klar, dass die alte Karre mehr wert ist als vorher. Natürlich nicht so viel wie ein Neuwagen, der Rest bleibt alt, aber doch einen erklecklichen Betrag mehr.

Das gilt auch für Häuser. Ein Teil der Investition schlägt sich sofort nieder – er steigert einfach den Wert des Gebäudes. Diese Wertsteigerungen waren leider nicht Bestandteil der Studie. (Die Welt schreibt das so: „Unter dem Strich entsteht somit ein Gesamtverlust von 468 Milliarden Euro.“)

Noch mal ganz einfach

Wir wollen dem lieben Herrn Haimann deshalb noch mal in ganz einfachen Wort erklären, was er da vergessen hat: Wer dämmt, zahlt künftig weniger für Energie. Das reicht nicht ganz, um die Dämmplatten zu bezahlen. Bis dahin haben Sie Recht. Aber wer gedämmt hat, der hat auch ein wertvolleres Haus. Erst wenn diese beiden Erträge zusammen nicht die Dämmkosten aufwiegen würden, könnte Herr Haimann einen brisanten Artikel schreiben.

Über Komfortgewinne wie kühlere Häuser im Sommer könnte man sich auch noch unterhalten. Wollen wir aber hier nicht. Über die CO2-Einsparungen könnten wir auch reden. Brauchen wir aber nicht.

Dass auch noch ein volkswirtschaftlicher Wert durch die Dämmung entsteht, versteht sich von selbst. Auch auf die politischen Argumente im Text wollen wir nicht eingehen. Ob die Rettung des Klimas mit Steuergelder Verschwendung ist oder nicht, mag jeder selbst beurteilen – wir wollen hier nur auf den dicken Fehler bei der Welt aufmerksam machen.

Einen letzten Aspekt noch, zum Nachdenken: Wenn die Investitionen bis 2050 in die Häuser geflossen sein sollen, wie kann man denn auch davon ausgehen, dass die Einsparungen nur bis 2050 gerechnet sind?

Beispiel-Rechnung für Skeptiker

Wenn eine Volldämmung 50.000 Euro kostet – Fassaden-Farbe aus oben genannten Gründen hier nicht mitgerechnet, und ich spare künftig 1500 Euro Energiekosten im Jahr, ist die Investition nach 33 Jahren wieder drin. Pünktlich zum nächsten Fassaden-Anstrich. Und weil ich kein Rechenkünstler bin, habe ich noch nicht mal die steigenden Energiekosten eingerechnet. Die werden aber sicher steigen und damit wird sich die Investition schneller rentieren.

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