SoLaWi-Tagebuch: So funktioniert die solidarische Landwirtschaft

Feldsalat

Bei einer solidarischen Landwirtschaft gibt es saisonale Produkte – im April ist das Feldsalat. Foto: w.r.wagner / pixelio.de

SoLaWi oder SoLiLa – gemeint ist in jedem Fall die solidarische Landwirtschaft. Wer sich in so einer Gemeinschaft mit Gemüse versorgen lässt, setzt auf regionale und saisonale Lebensmittel. Das bedeutet sehr kurze Transportwege und weniger Umweltbelastungen in fernen Ländern. Ein wunderbares Thema für Ökoalltag. Aber taugt die SoLaWi auch wirklich für den Alltag? Kommt im Winter genug Gemüse zusammen um halbwegs über die Runden zu kommen? Ist das Konzept auch finanziell attraktiv? Fährt man am Ende nur für ein bisschen Feldsalat mit dem Auto viel zu weit? Hat man im Sommer vielleicht sogar zu viel Gemüse? Ökoalltag wird mit einem SoLaWi-Tagebuch die von der Tübinger Transition Initiative initiierte Gemeinschaft in der Wirtschaftssaison 2013/2014 begleiten.

Die wichtigsten Fakten zur SoLaWi

  • Per Vollkostenrechnung geht es um die Kostenseite eine Landwirtschaft
  • Solidarisch sind die Prosumenten bei Ernteausfällen, weil sie dieses Risiko zusammen tragen – nicht der Landwirt
  • Solidarisch sind aber auch die Mitglieder untereinander. Wer mehr zahlen kann, stützt damit finanziell Schwächere
  • Typisch: Ein oder zwei Mal in der Woche kann jeder seinen Anteil in einem Depot abholen
  • Prosumenten wollen saisonales und regionales Biogemüse
  • Mit Abholgemeinschaften werden Einzelfahrten möglichst vermieden
  • SoLaWi ist mit Arbeitseinsätzen, Besichtigungen und gemeinsamen Veranstaltungen keine ferne, anonyme Lebensmittelproduktion

Am Freitag, 12. April, können die Mitglieder der solidarischen Landwirtschaft in Tübingen ihr erstes Gemüse abholen. Feldsalat wird es geben, mehr ist nach einem langen Winter vorerst nicht drin. Im Sommer werden die Körbe entsprechen voller sein. Da der Winter 2013 noch mal zugelegt hat, startet das Projekt eine Woche später als ursprünglich geplant. Wie sehr das eigene Essen vom Wetter abhängig ist, merkt man schnell. Prosument nennt sich, wer so bewusst konsumiert. Die Supermärkte versorgen in der gleichen Zeit unbeeindruckt weiter mit allen möglichen Gemüsesorten.

Aber fangen wir von vorne an – wie wird man denn Mitglied in einer solidarischen Landwirtschaft? Nach allgemeiner Werbung um Mitglieder über Tageszeitung, Verbände und andere Gruppen haben sich möglich Interessierte für eine Bieter-Runde getroffen. Dabei präsentieren die beteiligten Landwirte ihre Rechnungen: Was werden sie im laufenden Jahr ausgeben, um bestimmte Flächen zu bewirtschaften. Daraus ergibt sich am Ende ein Betrag, der finanziert werden muss. Die Größe der zu bewirtschaftenden Fläche ergibt die optimale Menge an Prosumenten.

Die Bieterrunde

Mit diesen Zielvorgaben beginnt eine Bieterrunde. Finden sich genügend Interessenten, die bereit sind, den so errechneten Betrag zu investieren? In Tübingen kam bei einem Ziel von 30 Mitgliedern ein monatlicher Kostenbeitrag von 50 Euro raus.

In der Bieterrunde sollen nun also alle diejenigen, die bereit sind, für ihren Anteil 50 Euro zu bezahlen mitbieten. Aber nicht nur die: Wer weniger zahlen kann, gibt eine entsprechende Summe an und wer bereit ist mehr zu bezahlen, darf auch mehr bieten. In Tübingen war in der ersten Runde die Zahl der schmalen Geldbeutel größer, weshalb im Durchschnitt nur unter 50 Euro zusammen bekommen wären.

Weil das nicht reicht, gab es eine zweite Bieterrunde, in der solventere Interessenten darum gebeten wurden, noch eine Schippe zuzulegen. 37 hatten am Ende im Schnitt knapp über 50 Euro im Monat geboten – die vorgeschlagene Kostenrechnung war damit finanziert.

Weil die Tübinger Gruppe sich an Projekten an drei bestehenden Höfen im Landkreis Tübingen beteiligt, sind die Kosten vergleichsweise gering. Bei anderen SoLaWis mussten auch Geräte und andere Erstinvestitionen von den Mitgliedern finanziert werden. Für alle gilt übrigens, dass die Mitglieder mit anpacken sollen: Zwei Arbeitseinsätze sind in Tübingen im Jahr geplant.

Landwirte werden bezahlt wie Angestellte

Skeptiker verweisen gerne darauf, dass ja kein Landwirt mitmache, wenn er keinen Gewinn machen könne. Irgendwas könne also nicht stimmen. Der Landwirt macht tatsächlich keinen Gewinn – aber er bekommt ein Gehalt für seine Arbeit bezahlt. Da die Abschreibungen für Maschinen ebenfalls in der Kostenrechnung vorkommen, geht der Landwirt am Ende mit einem Gehalt nach Hause, als sei er angestellt.

Das wird oft weniger sein, als wenn man einen Hof auf eigene Rechnung bewirtschaftet. Allerdings trägt man dafür auch keine Risiken. Gibt es mal keinen Ertrag, Hagel oder anderen Ärger auf den Feldern, haben die Mitglieder einfach kein, weniger oder kaputtes Gemüse.

Ausgeweitet bedeutet der Gedanke einer SoLaWi, dass alle Produkte von einem Hof kommen. Mit der anfänglichen Größe in Tübingen ist daran aber vorerst nicht zu denken. Trotzdem ist es ein spannendes Projekt, das durch saisonale Lebensmittel und kurze Wege das Klima schont.

Damit nicht jeder alleine mit seinem Auto zu den Bauernhöfen fährt, gibt es Abholgemeinschaften, die möglichst wenige Einzelfahrten erforderlich machen. Schwierig ist das nur bei einzelnen Mitgliedern, die etwas verstreut in den Gemeinden liegen. Im Tübinger Fall ist das bei einer Hand voll Mitgliedern so, dass sie in ihren Gemeinden oder Teilorten alleine sind.

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