Einfach mal schieben lassen – Alltagstest beginnt mit dem Smart E-Bike

Das Smart E-Bike macht den Anfang für den Alltagstest der Elektromobilität mit dem Fahrrad

Das Smart E-Bike macht den Anfang für den Alltagstest der Elektromobilität mit dem Fahrrad

Nein, wie Rückenwind fühlte es sich nicht an, wenn der Elektromotor des E-Bikes für Vortrieb sorgt. Stattdessen gibt es Erinnerung an Kindertage. An das Fahrrad, dass Opa von hinten geschoben hat. Nur dass der vermeintliche Opa mit mittlerweile bis 25 Stundenkilometer hinter dem Fahrrad bleibt und schiebt.

Aber wichtiger als die richtige sprachliche Umschreibung des Elektroantriebs ist die Frage, wie sich die Elektromobilität auf Dauer im Alltag schlägt. Ein großes Thema für Ökoalltag ist E-Mobilität auf dem Zweirad in Stuttgart. Konkret auf dem Fahrrad.

Viel Licht, aber auch viel Schatten - das Smart E-Bike braucht dringend ein Nachfolgemodell

Viel Licht, aber auch viel Schatten – das Smart E-Bike braucht dringend ein Nachfolgemodell

Hauptantrieb für die Alltagsbetrachtung ist dabei nicht, dass die Strecken nicht auch ohne Fahrhilfe zu schaffen wären. Es geht um die Frage, wie man unverschwitzt und entspannt am Ziel ankommt. Und ob man tatsächlich öfter auf das Fahrrad zurückgreift und damit zugleich seinen Radius erweitert. Deshalb ging es nicht nur um eine kurze Testfahrt mit einem Fahrrad, nach der man nur sagen kann, ob das Modell taugt oder nicht. Es geht um die Frage, welches Technik-Konzept sich am besten in den Alltag einbinden lässt.

In den kommenden sechs Wochen wird Ökoalltag „erfahren“, wie gut oder schlecht das bei drei unterschiedlichen technischen Konzepten funktioniert. Den Anfang macht das Smart E-Bike mit einem Motor im Hinterrad. Das Fahrrad bietet viel Licht, hat aber auch viel Schatten. Der Test endete leider mit einer defekten Schaltung. Nach dem Smart-Hecktriebler wird ein Panasonic-Antrieb folgen. Anschließend geht es mit Bosch auf die Reise durch die baden-württembergische Landeshauptstadt.

Der Kurztest zum Smart E-Bike

Hochwertige Komponenten wie die Magura-Scheibenbremsen, der Zahnriemenantrieb für saubere Anzughosen und ein extrem stabiler Rahmen können sich sehen lassen. Das Fahren macht Spaß. Das Rad ist sehr fahrerorientiert und bietet mit einer sportlichen Sitzhaltung guten Kraftschluss und ordentliche Beherrschbarkeit. Die Bremsen greifen kräftig zu und lassen sich gut dosieren.

Damit bleibt die Anzughose sauber: Zahnriemenantrieb statt Kette

Damit bleibt die Anzughose sauber: Zahnriemenantrieb statt Kette

Die Schwachstellen des Smart E-Bike sind auf den ersten Blick überschaubar, aber im Alltag sehr störend. Eine Drei-Gang-Schaltung ist nicht mehr zeitgemäß. Zwar kaschiert der sehr kräftige Bionx-Antrieb manch fehlenden Gang, aber wer regelmäßig auf der Ebene Kilometer machen will, ist schnell genervt. Zu hoch wird die Trittfrequenz bei Geschwindigkeiten über 25 Stundenkilometer. Wer dann bauartbedingt ohne Elektrounterstützung fährt, merkt auch das heftige Gewicht von 26 Kilogramm. 2011 hatte Smart das noch als besonders leicht verkaufen wollen. Dabei belastet noch nicht mal ein Gepäckträger die Waage. Auch eine Federung sucht man vergeblich.

Dass der Rahmen unglaublich stabil ist, merkt man leider allzu oft. Da die Federung fehlt, schlagen Unebenheiten direkt durch. Das E-Bike verleitet gerne dazu, öfter mal etwas schneller unterwegs zu sein. Deshalb macht sich das sehr negativ bemerkbar. Mit dem Smart E-Bike schafft man übrigens tatsächlich eine höhere Durchschnittsgeschwindigkeit. Wer den Turbo bei der Unterstützung zündet, rast Steigungen hinauf und bekommt beim Beschleunigen einen ordentlichen Schub.

„Die Lithium-Ionen-Batterie zählt mit über 400 Wh zu den leistungsstärksten Akkus im Wettbewerbsumfeld“, hatte Smart bei der Vorstellung der E-Bikes 2011 noch verkündet. Das ist nach wie vor halbwegs richtig (heute würde man eher von einer Standard-Kapazität reden). Allerdings scheint der Bionx-Antrieb mit der Energie nicht besonders sparsam umzugehen. Nach 25 bis 40 Kilometern war im Test Schluss. Wer sein Smart-Rad noch nicht gut kennt, wird sich schwer tun, die Reichweite einzuschätzen. Es gibt keine Anzeige für die noch machbaren Kilometer am sonst tadellosen Display. Der letzte Balken der Ladung hält gefühlt ewig. Die Angst vor der motorlosen Heimfahrt mit dem 26-Kilo-Trumm zieht einen dann aber noch rechtzeitig zum Ladegerät.

Der Ständer ist ungeschickt platziert. Die Pedale bleiben beim Rückwärtsschieben hängen. Foto: Smart

Der Ständer ist ungeschickt platziert. Die Pedale bleiben beim Rückwärtsschieben hängen.

Über Optik lässt sich bekanntlich streiten. Dass das Smart E-Bike Aufsehen erregt, ist auch nach drei Jahren auf dem Markt noch normal. Selbst im Umfeld der Daimler-Werke schauen Passanten das Fahrrad interessiert an. Das Smart E-Bike hat jedenfalls den „red dot: best of the best“-Preis für höchste Designqualität bekommen. Das war 2012. Sehen lassen kann sich das Fahrrad heute immer noch.

Wer von einem normalen Fahrrad auf das Smart E-Bike umsteigt, tut sich sehr leicht. Der Schub des Bionx-Antriebes setzt etwas verzögert ein, aber selbst in den höchsten Unterstützungsstufen kalkulierbar. Es gibt keine Schreckmomente. Auch der teilweise kritisierte Nachlauf des Elektromotors ist so mild, dass er im Vergleich zu anderen Antriebssystemen nicht zum Problem wird. Die Stufen sind so dosiert, dass man bei leichter Unterstützung das Gefühl hat, das Mehrgewicht sei ausgeglichen. Bei Stufe zwei von vier beginnt es Spaß zu machen und ab Stufe drei ist der Turbo gezündet. Die höchste Stufe bietet so viel Schub, dass man sie nur bei extremen Steigungen braucht – wenn man fast gar nicht treten will. Oder wenn man im schweren Gang bei Höchstgeschwindigkeit bleiben will – unabhängig von der Steigung.

Die Technik des Antriebes funktioniert wirklich perfekt. Der Zahnriemenantrieb ist ein Trumpf, wenn man auch mal im Anzug auf dem Fahrrad sitzen will. Die Schwachstellen des Fahrrades sind überschaubar, aber nicht unwesentlich: Beim Grundmodell fehlen Gepäckträger (kann man nachrüsten), Federung und mehr Gänge. Das Smart E-Bike ist im Sonderangebot für zuletzt etwa 40 Prozent unter der Preisempfehlung verscherbelt worden. Ob das sein Ende einläutet, weil die Schwachstellen zu offensichtlich sind, oder ob ein Nachfolgemodell in Sicht ist, bleibt vorerst offen.

Ein ausführlicher Test folgt – er endete nach knapp 70 Kilometern mit einem Schaden an der Schaltung. Dabei hatte das Fahrrad insgesamt erst etwa 800 Kilometer auf dem Tacho.

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Die technischen Daten des Smart E-Bike

Es ist offensichtlich, dass bei Smart das E-Bike zumindest bei Smart selbst ein Schattendasein fristet. Die technischen Daten sind auf der Webseite nicht zu finden. Wo zu allen Auto-Varianten Prospekte zu finden sind, fehlt der Link beim E-Bike. Nicht mal im Pressebereich sind die Daten mit annehmbarem Aufwand zu finden.

smart ebike: Pedelec (Pedal Electric Cycle)

Antrieb:
Motor: bürstenloser BionX Hinterradnaben-Elektromotor
Leistung: 250 W nominal*
Max. Unterstützungsgeschwindigkeit: 25 km/h**
Max. Drehmoment: 35 Nm
Schaltung: integrierte SRAM I-Motion 3 (3-Gang-Nabenschaltung)
Rekuperation: ja
Antriebs-/Generatorstufen: jeweils 4

Batterie (abnehmbar):
Typ: Lithium-Ionen Kapazität:
423 Wh Spannung: 48 V
Gewicht: 3,3 kg
Ladezeit: (0–100 %) ca. 5 Std. (20–80 %) ca. 3 Std.
Ladezyklen: 500 (bei 80 % Ladekapazität)
Reichweite: bis zu 100 km***

Riemen:
Typ: Gates Carbon-Zahnriemen 118 T
Riemenscheibe vorne: Gates CDC 50T
Riemenscheibe hinten: Gates CDC 22T

Rahmen: smart Design
Material: Aluminium
Größe: M

Gabel: smart Design
Material: Aluminium
Steuersatz: CaneCreek
Beleuchtung: Busch & Müller, smart Design
Beleuchtung vorne: LED-Technik mit Tagfahrlichtfunktion
Beleuchtung hinten: LED-Technik mit Tagfahrlichtfunktion

Bereifung:
Reifen (VR/HR): Continental EcoContact Plus, 26″ x 1,75″
Speichen (VR/HR): smart Design
Bremsen: Typ: Magura MT4, hydraulische Scheibenbremsen, Ø 180 mm, mit Rekuperationsfunktion (vorn)
Lenker: smart Design
Griffe: Ergon GP1
Lenkervorbau: smart Design
Pedale: Ergon PC2
Sattel: smart Design
Gewicht: 26,1 kg
Max. Zuladung: 114 kg (inkl. Gepäck)
Maße (B x L x H): 75,5 cm x 173,5 cm x 99 cm

Bilder: Alles Herstellerbilder von Smart

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